Diese Geschichte hat mir mein Kind gestern abend erzählt. Als ich die Erklärung hörte, warum der Fall wieder aufgerollt wird, war ich fassungslos.
In Augsburg und Umgebung spricht man ja seit Jahren über diesen seltsamen Mord und fast jeder macht sich seinen eigenen Reim auf die Geschichte. Jetzt liegt der Verdacht nahe, daß die Ermittler den angeblichen Mord überhaupt erst inszeniert haben um endlich zu einem Ergebnis in dem Fall zu kommen.
Leider ist der ausführliche Artikel aus der SZ (noch) nicht online, daher hier einer aus dem Spiegel:
http://www.spiegel.de/panorama/justi...724080,00.html
"Die Angeklagten waren über weite Teile der Vernehmungen ohne jeden rechtlichen Beistand", betont Wittmann. Psychologen hätten bei Hermine Rupp außerdem einen IQ von 53 festgestellt. Auch die Intelligenz des angeklagten Matthias E. und der beiden Töchter liegt weit unter dem Durchschnitt. "Sie waren den Polizeibeamten sozusagen ausgeliefert", sagt Wittmann. Wie oft bei falschen Geständnissen habe es auch in diesem Fall drei-, vierstündige Vorgespräche ohne Anwalt gegeben, die protokolliert wurden. Matthias E. behauptete später, ihm sei von der Polizei Gewalt angedroht worden, nur deshalb habe er ein falsches Geständnis abgelegt.
Vermutlich spielte auch ein gewisser Druck bei den Ermittlern eine Rolle. Drei Jahre lang hatte die Polizei nach dem vermissten Landwirt gesucht, mehrfach aufwändige Suchaktionen nach dem Auto gestartet. Die Festnahme der Angehörigen Anfang 2004 wurde als Erfolg gefeiert."
Wenn diese Vermutung stimmt, finde ich das außerordentlich krass. Man mag es sich gar nicht vorstellen, wie viele Aussagen und Geständnisse von mürben Kriminalern so hingedengelt werden, daß sie einem Staatsanwalt gefallen können.
Bin gespannt, wie die Geschichte ausgeht.
Geändert von Datura (21.10.10 um 22:47:04 Uhr)
Diese Geschichte hat mir mein Kind gestern abend erzählt. Als ich die Erklärung hörte, warum der Fall wieder aufgerollt wird, war ich fassungslos.
Bis ich gelesen habe, dass die Frau einen IQ von 53 hat, war ich eher skeptisch, dass die Polizei ein falsches Geständnis herauszwingen konnte.
Ist wirklich ein dramatischer Fall
Das, das, das...und das und das und das und das und das nehm ich auch.
Das Krasse ist ja: Sie sollen unabhängig voneinander alle vier dasselbe Geständnis abgelegt haben. Mit allen grausamen Einzelheiten. Und dann taucht die Leiche auf und alles stellt sich als großer Irrtum heraus, den sich niemand erklären kann.
Erinnert mich an den Fall Lettenbauer. Ein geistig minderbemittelter Mann, der seine Tochter und seinen Enkel erschlagen haben sollte. Weil er seine Schuld nicht gestanden hat, wurde aus dem wenigen, was er gesagt hat, ein Geständnis konstruiert. Obwohl es damals Hinweise auf weitere Tatverdächtige gab. War halt bequem für die Ermittler. Ein geistig Verwirrter kann sich ja auch nur eingeschränkt wehren.
Edit: ganz besonders gut gefällt mir in dem Zusammenhang dieser Satz:
"Der Deutsche ist geneigt, wenn der erste Westenknopf falsch zugeknöpft ist, auch den zweiten, dritten und letzten im selben Sinn weiter zu knöpfen, die einmal gewählte Linie stur festzuhalten, nicht nur aus Folgerichtigkeit, sondern auch aus ästhetischem Bedürfnis nach der geschwungenen Kurve und der ungebrochenen Linie." von Gustav Radbruch.
Geändert von Datura (22.10.10 um 00:00:56 Uhr)
Die Begründung der Richter über die fehlenden Knochenteile ist ja der Hammer.
Und dann die Ablehnung des Wiederaufnahmeverfahrens vom Landgericht Landshut Ich hatte ja immer einigermaßen Vertrauen in die Justiz...
Liebe Grüße
Astrid
Willst Du Gott zum Lachen bringen, erzähl' ihm von Deinen Plänen.
Der Prozeß geht heute weiter. Es ist unglaublich, was da jetzt alles ans Licht kommt.
"Doch für die Verteidigung sind das klare Anzeichen für Schlamperei und „gefärbte Ermittlungen“. Dafür spreche auch, dass bereits eine Woche, nachdem die Leiche geborgen worden war, festgelegt wurde, dass Spuren nicht weiter verfolgt werden sollen. Das berichtete der leitende Kriminalbeamte. „Ich habe jeden Schritt nur auf Auftrag der Staatsanwaltschaft gemacht.“ Und als er am 17. März 2010 gemeinsam mit Oberstaatsanwalt Christian Veh nach Eichstätt gefahren sei, um sich das sichergestellte Fahrzeug aus der Donau nochmals anzusehen, habe er keinen Ermittlungsauftrag erhalten.
So hatten die Beamten zwar einige Dinge aus dem Auto eingesammelt, aber daraufhin keine weiteren Schritte unternommen. Armbanduhren, eine EC-Karte der älteren Tochter Manuela, den Geldbeutel, Schlüsselbund und ein Feuerzeug - das alles wurde in Tütchen verpackt und in eine Kiste gesteckt. Mehr nicht."
http://www.augsburger-allgemeine.de/...geid,4288.html
Falls das noch jemand verfolgt:
http://www.kanal8.de/default.aspx?ID...howNews=885635
"Der Schrotthändler, dem fälschlicherweise vorgeworfen worden war, er habe den Mercedes des getöteten Bauern verschrottet, sagte, er sei von einem Vernehmungsbeamten bedroht worden.
Als er sich geweigerte habe, eine Unterschrift zu leisten, habe ihm der Polizist eine Pistole an den Kopf gehalten und gesagt: "Wir können auch anders: Hier geht es um Mord – hier dürfen wir alles".
Außerdem, so der Schrotthändler, habe ihm der damalige Oberstaatsanwalt einen Handel vorgeschlagen: Wenn er zugebe, dass der Mercedes bei ihm auf den Hof gekommen sei, dann werde man eine Anzeige wegen Umweltverschmutzung gegen ihn fallen lassen."
-ohne Worte.
Neues im Fall Rupp, am Freitag wird das Urteil erwartet.
lhttp://www.merkur-online.de/nachrich...n-1136796.html
Liebe Grüße
Astrid
Willst Du Gott zum Lachen bringen, erzähl' ihm von Deinen Plänen.
Ich bin froh, daß es jetzt doch noch so ausgegangen ist.
Was mich interessiert hätte:
Wie kann ein Gerichtsmediziner anhand ein paar alter Konchen, die 7 Jahre im Wasser gelegen sind, feststellen, daß der Betreffende zum Todeszeitpunkt betrunken war? Oder daß er sich nicht selbst umgebracht hat und keines natürlichen Todes gestorben ist?
Das scheint mir doch reichlich spekulativ. Aber wer wagt es schon, das Urteil eines Experten anzuzweifeln?
Mich erstaunt das - als Strafverteidigerin - nicht wirklich. Natürlich ist der Fall sensationell, aber auch bei kleinen Delikten wundere ich mich täglich, was bei der Justiz manchmal. schiefläuft. Ich empfehle immer wieder das Buch "Unrecht im Namem des Volkes" von Sabine Rückert (Link: http://www.zeit.de/2002/19/200219_irrtum.xml). Gruselig.
Strafverteidiger zum Mandanten: "Gleich wird das Urteil verkündet. Wie fühlen sie sich?" Mandant: "Wie eine Braut vor der Hochzeitsnacht. Ich weiss genau, was kommt. Ich weiss nur noch nicht, wie lang es ist."