"Mikrobeleidigungen sind Äußerungen oder Handlungen, die sich durch Grobheit und mangelnde Sensibilität auszeichnen. Es handelt sich dabei um subtile Formen der Herabsetzung, die dem Angreifenden nicht einmal selbst bewusst sein müssen, aber dessen Vorurteile aufdecken. Wenn etwa eine Person für ihre sprachliche Ausdrucksweise gelobt wird, kann dies unterschwellig suggerieren, dass dies eine Ausnahme sei. Auch die Frage nach der Herkunft kann andeuten, dass man nicht dazugehört. Typisch ist hierbei, dass die betroffene Person in eine Situation geraten, in der sie sich erklären müssen. Dies geschieht oft in Zusammenhängen, in den sich privilegierte Personen nicht erklären müssen.
Als Mikroentwertungen werden Handlungen bezeichnet, die Wahrnehmungen der Betroffenen ignorieren oder herabsetzen. Eine Mikroentwertung liegt beispielsweise vor, wenn eine Person rassistisches Verhalten oder Denkmuster benennt, ein Dialog hierüber jedoch nicht zugelassen wird. Hierbei werden sowohl spezifische Erfahrungen herabgespielt, Verhaltensmuster bagatellisiert und gleichzeitig die Deutungshoheit klar verteilt. Was Rassismus ist, definiert hier paradoxerweise nicht die betroffene Person, sondern die rassistische Person. Auch dies ist ein Privileg.
Durch Mikroaggressionen kommt es zu einem Effekt, die Soziolog*innen und Psycholog*innen Othering nennen."
man selber meint es vielleicht nicht böse, und ist nur interessiert...
das ändert aber nichts, an den mechanismen dahinter.
ich kann auch einen 'mohrenkopf' kaufen, weil der halt schon immer so hiess, ich den supergerne mag und ich es selber nicht böse mein...
ändert aber nichts daran, dass es nicht korrekt ist.
"Der Begriff der weißen Fragilität, der weißen Verletzbarkeit, wird genutzt, um ein Reaktionsmuster zu benennen, welches auf die Anmerkung erfolgt, ein Denk- oder Verhaltensmuster sei rassistisch. Oft wird dieses vehement abgestritten und die eigene Position emotional verteidigt. Woran liegt das?
Zum einen ist der Begriff des Rassismus in Deutschland weiterhin assoziativ an die Rassenlehre geknüpft. Zu dieser wollen wir größtmögliche Distanz herstellen. Das haben wir durch diese Begriffsverschiebung hin zur Rassenlehre auch geschafft – schließlich benennen wir hiermit eine vermeintlich in der Vergangenheit liegende Zeit, mit der wir schon allein technisch nichts zu tun haben können. Die moralische, aber auch die juristische Bewertung des Nationalsozialismus ist dabei so eindeutig, dass es für die meisten selbstverständlich erscheint, selbst kein*e Rassist*in sein zu können.
Nur: Dieses verstellt dabei den Blick auf gesellschaftliche Machtungleichheiten, die wir in unserem alltäglichen Miteinander weitertragen. Aber auch wenn wir die aktuelle Definition von Rassismus bemühen, würden wir sicherlich abstreiten wollen, dass wir rassistisch denken oder handeln. Der gesellschaftliche Überbau formuliert dabei eine Gesellschaft, in der wir alle gleich sind und uns als freie Menschen auf Augenhöhe begegnen. Es kann uns daher schwerfallen, in diesem gesellschaftlichen Ideal Risse zu entdecken, die uns selber mit einschließen. Plötzlich sind wir selber Profiteur*innen einer Gesellschaft, die Mitmenschen systematisch benachteiligt? Dies passt so offensichtlich nicht zu unserem modernen Selbstempfinden, dass wir auf diesen Vorwurf abweisend und emotional reagieren.
Zu bedenken gilt: Es ist eines der Privilegien von privilegierten Personen, nicht weiter über die eigenen Privilegien nachdenken zu müssen. Eine anstrengende Diskussion kann einfach unterbunden werden, ohne dass es größere Auswirkungen auf das eigene Leben hat. Sogar im Gegenteil: Wenn wir uns dem Vorwurf nicht stellen, brauchen wir rein gar nichts zu ändern und können weiter ungestört von der Machtstruktur profitieren. Dies unterscheidet privilegierte Personen von benachteiligten Menschen; letztere werden weiterhin der Benachteiligung ausgesetzt und erleben die Hemmnisse in ihrem Alltag.
Zudem: Privilegierte Personen haben kaum Anlässe, die sie zum Nachdenken über rassistische Machtstrukturen anregen. Privilegien vereinfachen das Leben unmerklich und halten das Ideal von gesellschaftlicher Gleichheit aufrecht. Die kontinuierlichen Gleichheitserfahrungen, die privilegierte Kinder und Heranwachsende machen, können dabei den Eindruck erwecken, dass es so etwas wie Rassismus kaum gebe. Der Stress, auf die eigene Position im gesellschaftlichen Machtgefüge angesprochen zu werden, kann daher eine neue Erfahrung sein. Diese ungewohnte, moralisch aufgeladene Situation kann dabei in Wut, Ablehnung und weitere Verteidigungsstrategien resultieren. Diese tragen dabei zu einem Erhalt der momentanen Machtverhältnisse bei und nehmen dem Gegenüber dabei jegliche Deutungsmöglichkeit ab. Statt sich mit Privilegien und Gesellschaftsstrukturen auseinanderzusetzen kann die privilegierte Person nun erneut auf die eigene Machtposition zurückgreifen."