Zitat von
Cara
Iridia, klar ist die Musik dieselbe. Und sie löst in jedem andere Erinnerungen aus. Wie eben alles, was die Sinne betrifft. Gerüche, haptische Erlebnisse etc. Wohl wahr
Aber wenn ich Adele beim Hausputz höre, dann kann ich kaum glauben, dass ich zu dieser Art von diesen tiefen Gefühlen fähig bin
Geht mir dann so wie dir vermutlich beim Einkaufen.
Nein, eigentlich nicht. Beim Einkaufen reagiere ich dagegen ungewohnt mit Abwehr, eben weil es ein Gefühl erzeugt, dem ich in dem Moment nicht nachgehen will, weil ich geistig anders beschäftigt bin. Tiefe Gefühle hab ich aber, wenn ich mich darauf einlassen kann, Hausputz, bei der die Arbeit viel mechanisch ist, wäre so ein Moment.
Einkaufen, wo ich nichts vergessen darf, Preis und Ware ins Verhältnis gesetzt werden und gleichhzeitig verschiedene Kombinationsmöglichkeiten abgewogen werden ist bei mir was anderes. Bei der einen Sache bin ich bei mir, bei der anderen schon intensiv mit dem Geist beschäftigt. Ich brauche die Möglichkeit der Hingabe bei Musik. Sie muss mir Aufmerksamkeit wert sein.
Ich hab nach meiner Trennung das Album "No more shall we part" von Nick Cave gehört und war damals auch bei ihm im Konzert, kennt das jemand? Darin lag für mich alle Schönheit und der Schmerz meiner Ehe, die gerade zerbrochen war. Wenn ich das erzähle, kommen mir oft Kommentare wie " danach hätte ich mir das Leben genommen".
Das ging mir nicht so. Ich habe es verarbeitet mit all der Würde, zu der ich fähig war und in der Musik hab ich eine Entsprechung zu meinen Gefühlen gefunden. Sie hat mir geholfen, nicht zu viel zu verdrängen, selbstkritisch und aufrichtig zu bleiben, die Kraft dafür gegeben. Ich hatte das Gefühl, andere kennen das Gefühl auch und schaffen es, ohne den anderen zum Buhmann zu machen, das Ende einer Beziehung als das zu sehen, was es ist: das Ende eines Weges, an dem man angekommen ist, weil beide sind, wie sie sind und das zwangsläufig ist, wenn sich nicht einer oder beide völlig verbiegen wollen. Es ist tragisch, aber auch lebendig.
In manchen Liedern liegt der ganze Glanz und die Brüchigkeit tiefer Gefühle. In "Hello" singt Adele "ich rede schon wieder nur von mir", obwohl sie sich eigentlich entschuldigen wollte. Man ahnt, dass es nicht einfach war, aber ein Gefühl ist geblieben. Ich finde das wunderschön.
Solche Musik kann ich auf Dauer nicht nebenbei hören, sonst kommt der Heulbojeneffekt. Vielleicht hab ich das Gefühl, die ganze Energie wird dann inflationiert. Mich jedenfalls erreicht sie dann auch nicht mehr, obwohl sie eigentlich dazu in der Lage, bzw. mein eigenes Naturell beim Hören, bzw. sie verkehrt sich dabei ins Gegenteil.
Das kann man immer dann im Feldversuch beobachten, wenn Gefühle nicht zum Moment passen. Das passiert vor allem dann, wenn sie zu erfolgreich werden und zu oft gespielt werden.
Geändert von Iridia (30.11.15 um 20:57:15 Uhr)
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