Zitat von
Beautybuendel
Entschuldige, dass ich gerade etwas irre lache. Es tut mir leid, ich kann angesichts der Erlebnisse meiner Mutter gestern nicht anders.
Impfzentrum ist die 60 km entfernte historische Schützenhalle in Lüdenscheid. Und nein, sie hat keine Toilette, weswegen draußen auf dem Schotterplatz (Stichwort Rollstuhl) ein Toilettenwagen aufgestellt wurde. Mit Stufen. Und wer schon einmal in einem Toilettenwagen war, weiß, wie eng die Dinger sind. Wohlgemerkt für hunderttausende Menschen über 80. Ein Toilettenwagen. Mit Stufen.
Ich bin stinksauer!
Wer Details lesen möchte:
Dass die SeniorInnen, bei einer bis zu 60 km langen Anfahrt nicht unbedingt pünktlich (sondern eher früher) erscheinen und dort bei bis zu Minus 10 Grad vor der Tür standen, wurde in diversen Medien schon thematisiert.
Dass die Örtlichkeit mit Holzboden bei der Witterung (Schnee ist im Winter nicht unüblich in Lüdenscheid) zu Problemen führt, weil der Boden sehr rutschig ist, so dass SeniorInnen stürzen - auch das fand in den Medien schon Beachtung.
Beides gleichermaßen ärgerlich und in meinen Augen (beruflich auch als Projektkoordinatorin tätig) absolut vermeidbar.
Was aber dem Fass den Boden ausschlägt: Das Impfzentrum, welches in den ersten Wochen hunderttausende Menschen mit einem Alter ab 80 Jahren immunisiert, hat keine barrierefreie / behindertengerechte Toilette. Das klingt vielleicht erst einmal eher banal, wird aber zu einem Trauerspiel, wenn man mit einer gehbehinderten Patientin nach Lüdenscheid kommt.
Mangels Toilette im Innenraum wurde ein Toilettenwagen auf den Parkplatz gestellt. Dieser nicht zentral, sondern am Ausgang der Halle positioniert. Konkret: war man einmal in der "Impfstraße" wurde einem nahe gelegt, jetzt nicht auszuscheren (die Toilette sei draußen und würde jetzt zu einem Problem im Ablauf führen).
Desweiteren: Zum Besuch dieses Toilettenwagens musste eine sehr hohe Stufe erklommen werden - für junge Menschen nicht erwähnenswert, lediglich ein kleiner Schritt, für gehbehinderte Menschen ein unüberwindbares Hindernis.
Ich möchte nun nicht die ganze Geschichte im Detail erzählen, wenn bei den Planungen für so ein Zentrum auch Kapazitäten in Bereich von Pflege und Altenbetreuung einbezogen wurden, müsste klar werden, dass alte und kranke Menschen
- nach bis zu dreistündiger Anfahrt gegebenenfalls zur Toilette müssen
- dieses Bedürfnis sich u.U. recht unmittelbar einstellt und auch nicht eingehalten werden kann
- mit Rollstuhl oder Rollator anreisen
Die Ausgangstür, die zum Toilettenwagen führt, ist augenscheinlich eine Notausgangstür - nur von innen zu öffnen. Ist man einmal draußen und trifft auf die oben angeschriebene Problematik (wie mit dem Rollstuhl zur Toilette?) kann man auch keine Hilfe mehr anfordern.
In dem konkreten Fall wurde die Person von einem Angehörigen in den Wagen getragen (auch das hört sich einfacher an als gedacht, da der Toilettenwagen sehr eng, noch einmal: nicht barrierefrei ist!) und irgendwie zur Toilette gebracht. Eng, ohne Haltestangen, ohne Rollstuhl, offene Tür - insgesamt unwürdig und untragbar. Die besagte Person erlitt anschließend einen starken Schub ihrer Erkrankung, weil die physische und psychische Belastung enorm war.
Ein Rufen nach Hilfe war zwecklos, die Position des Toilettenwagens trug dazu bei. Einmal aus dem Rollstuhl gehoben konnte man die Angehörige auch nicht mehr allein lassen (Stehen wegen fehlender Haltestangen nicht möglich, Rollstuhl draußen...).
Diese Beschreibung mag subjektiv sein - ist dennoch kein Einzelfall. Viele SeniorInnen standen mit ihren Rollatoren und Hilfsmitteln vor der Stufe und kamen nicht weiter.
Ausdrücklich möchte ich aber darauf hinweisen, dass die Hilfen im Zentrum selbst und der Ablauf durch die dort tätigen Menschen sehr gut war.
Die Kritik bezieht sich auf Punkte, deren immense Schwächen im Vorfeld schon allzu deutlich werden mussten. Dass an / in einem Impfzentrum keine behindertengerechte Toilette bereit steht, ist in meinen Augen durch nichts zu erklären.