Richtig. Und den Gebrauch von Medien zur Kommunikation, zur Information, zur Bildung, zur politischen Teilhabe, aber auch zur Erbauung oder schlichten Unterhaltung ist doch grundsätzlich legitim. Es gibt natürlich eine Bewegung in Richtung Digital Detox, aber ob man in der Extremform (nämlich quasi Totalverzicht) zum allein seelig machenden Dasein findet, sei dahin gestellt.
Ich finde z.B. putzen, aufräumen und den größten Teil auch kochen, aber auch Routinetätigkeiten bei der Arbeit oftmals uninspirierend, wenn ich nicht dabei Musik, Podcasts, Hörbücher oder dergleichen höre. Ich mag nicht den gesamten Tag in Selbstreflexion verbringen, ich habe auch keine Kinder um mich herumwuseln, die meine Aufmerksamkeit brauchen. Mich interessiert nicht nur, was die Menschen in meiner kleinen persönlichen Blase herumtreibt (das scheint oft erschreckend wenig zu sein), sondern mich interessiert auch Kunst, Kultur, Wissenschaft, Technik. Wenn ich dabei geistig beschäftigt bin, finde ich solche Tätigkeiten viel weniger langweilig und abschreckend. Es gibt durchaus auch die Momente, wo ich solche Tätigkeiten "an sich" auch meditativ empfinde, aber es ist nicht immer so.
Genauso liebe ich es aber auch, mit meinem Partner zusammen Filme und Serien zu sehen. Wir haben in der Hinsicht einen weithin kompatiblen Geschmack, er ist nur ein bisschen empfindsamer als ich, so dass er an Stellen abschalten möchte, wo es für mich erst gerade spannend wird. Was nicht heißt, dass wir uns ohne nicht miteinander beschäftigen könnten, im Gegenteil, wir sind viel im Zwiegespräch. Aber immer kann ich das auch nicht.
Die Bedürfnisse von Menschen sind unterschiedlich. Ich könnte z.B. nicht ohne Belletristik leben, vor allem nicht ohne fantastische Literatur, gewaltige Epen, neue unbekannte Welten, ich brauche auch das große Kino, eben auch auf der Leinwand oder meinem Fernseher, der ganz selten nur lineares Fernsehen wiedergibt, dafür aber Streamingdienste und Mediatheken. Das ist etwas, was mich bewegt, mich erhebt. Darüberhinaus noch großartige PC-Spiele (ich meine damit nicht die Casual Games, wie man sie auch auf dem Handy en masse findet, sondern eben auch die großen Welten mit Geographie, Politik, Mythen, Waffensystemen, Magiesystemen, Skillbäumen etc, wo man Erfahrungen sammelt, Wissen aufbaut und einsetzen muss, um den immer größeren Anforderungen gewachsen zu sein).
Es gibt aber Menschen, wie ich weiß, die können damit überhaupt nichts anfangen. Die "vertragen" nur solche Filme und Serien, die sich innerhalb des eigenen Erfahrungshorizontes bewegen, innerhalb des Reellen (und für mich oftmals Banalen).
Ich kann auf viele Aspekte des heutigen Medienkonsums verzichten, wie Influencertum, Realityshows, Dokusoaps, aber auf viele andere will ich gar nicht.
Von so einem Wunderding wie ein Smartphone habe ich schon als Kind in den 70ern geträumt: jederzeit überall telefonieren können, Bücher lesen, Filme gucken, Hörspiele hören, überall in Blitzesschnelle die Information zur Hand haben können, die man gerade braucht, sei es den Weg finden, ein Geschäft für die gewünschte Ware erfahren, die Kochzeit für ein bestimmtes Stück Fleisch oder Gemüse, etc.
Viele Hobbies leben doch z.B. von Informationen. Ich kann natürlich in einen Elektronikmarkt gehen und irgendein beliebiges Gerät (Konsole, PC, Notebook) und ein beliebiges Spiel kaufen, oder ich kann versuchen, das Optimum für mich herauszuholen, genau die richtige Hardware für mein Spiel finden, das optimale Preis-Leistungs-Verhältnis, die Rahmenbedingen, die ich haben möchte. Dazu könnte man natürlich auf den Fachhändler des Vertrauens zurückgreifen oder den Fachmann im Bekanntenkreis, ist aber dann auch auf deren Selbsteinschätzung, Erfahrung, Wissen angewiesen. Ich streue gerne meine Informationsquellen weiter und beurteile sie im Hinblick auf ihre Tauglichkeit. Ich lese seit fast 40 Jahren Magazine zum Thema PC und seit über 25 zum Thema Gaming, ich hatte früher die gedruckten Zeitschriften, heute lese ich sie elektronisch über die elektronische Ausleihe meiner Bibliothek, gerne auf dem Tablet, aber auch mal spontan unterwegs in der Bahn auf dem Smartphone. Ich liebe aber zusätzlich Techporn auf Videotube, Vorstellung neuer Produkte, Unboxings, Reviews, Konfigurationen und Zusammenbauvideos, ich schau mir gerne mal Let`s plays an, ich nehme gerne auch an Livestreams in meinen bevorzugten Games teil etc. Aus meinem persönlichen Umfeld hätte ich nur zu einem geringen Teil Zugang zu solchen Informationen. Über die Medien bin ich teil verschiedener Communities, mit denen ich diese Leidenschaften teile, und sei es nur, dass wir uns in unserer Discord-Gruppe gegenseitig einen guten Morgen wünschen, aber so verabreden wir uns auch zum gemeinsamen Spielen, unterhalten uns aber auch über dies und das, so wie das auch in einem persönlichen Freundeskreis üblich wäre. In meinem persönlichen Umfeld spielt nur eine andere Person meine Lieblingsspiele, und die habe ich auch erst durch genau dieses Spiel kennengelernt, beim Onlinematchmaking.
Das ist nur ein Beispiel von vielen meiner Interessen, die aber allesamt profitieren davon, dass ich nicht mehr so lebe wie in den 70ern. Sollte unsere Zivilisation zusammenbrechen, könnte ich natürlich auch leben mit einem Handbesen, Kochen auf offenem Feuer, jagen, gärtnern und sozialen Runden am Lagerfeuer, aber bis dahin erfreue ich mich an den modernen Errungeschaften.